Helga von Kalben ist 79 Jahre alt und Witwe. Vor fünf Jahren haben die Kinder Ihr ein iPad geschenkt. Da die rüstige Rentnerin schon immer geschickt im Umgang mit Computern war, hat sie mit dem iPad das Internet erobert. Sie skypt mit ihren Enkeln, kauft mit Vorliebe in Online-Shops – O-Ton: „Da muss ich mich nicht durch die Stadt wühlen.“ - und bezahlt mit PayPal. Auf Facebook beobachtet sie die Aktivitäten Ihrer Tochter. Im Mai 2016 entdeckte Helga von Kalben Feierabend – eine Social Media Plattform für die Generation 50plus.
Warum haben Sie Feierabend als Social Media Plattform für die Generation 50plus gewählt?
Der Vorschlag kam von meiner Tochter und ich fand die Idee gut, denn es besteht die Möglichkeit, auf diesem Wege gleichgesinnte Menschen kennen zu lernen. Menschen, die auch neue Kontakte oder Partnerschaften suchen oder sich einfach nur im Netz austauschen wollen. Es ist gut, dass man sich anonym austauschen kann und die Daten geschützt bleiben. Das Tolle ist, dass die Community sich auch außerhalb des Netzes trifft. Allerdings gefällt mir der Kaffeekränzchen-Charakter von den Treffen nicht so dolle. Das war nicht meine Welt. Ich bin kein Vereinsmensch.
War es einfach sich einzuschreiben und das Profil zu befüllen?
Das Profil habe ich mit meiner Tochter ausgefüllt und habe es als nicht schwierig empfunden. Ich habe allerdings ein Foto von mir hochgeladen, damit die Leute wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ich habe auch festgestellt, dass es wichtig ist, mein richtiges Alter anzugeben. So gehen nicht zu viele jüngere Männer auf mein Profil. Es ist wichtig – auch wenn es anfangs anonym ist- mit offenen Karten zu spielen.
Ist die Plattform Feierabend für Sie leicht zu benutzen oder haben Sie Probleme mit den einzelnen Funktionen gehabt?
Am Anfang gab es schon Schwierigkeiten. Ich wusste zu Beginn nicht wie so ein Chat funktioniert. Ich musste mich erst ein wenig damit beschäftigen und um Rat fragen.
Was finden Sie an Feierabend besonders gut?
Da man anonym, nur mit einem Vornamen, unterwegs ist, fällt es einem leichter Meinungen und Ansichten zu äußern. Wenn man sich schriftlich mit jemanden intensiver austauscht, sollte man auch bald telefonieren. Nur so kann man genauer zu checken, ob das Gegenüber mit offenen Karten gespielt hat. Ich habe mich einmal mit einem 90jährigen Mann ausgetauscht, das war richtig kurzweilig. Am Telefon musste ich dann feststellen, dass er eine braune Socke ist. Das hat mich schockiert, weil ich so etwas beim Schreiben niemals vermutet hätte. Ein anderer Mann war ein ausgesprochener Rassist, den habe ich gesperrt. Aber ich habe mich auch mit sehr netten Männern ausgetauscht, die leider sehr weit weg wohnten, weshalb das im Sande verlief.
Was finden Sie an Feierabend eher gewöhnungsbedürftig?
Definitiv, es sind zu viele junge Männer in dem Forum, die alle der Meinung sind, dass sie sich das Leben mit einer älteren Frau gut vorstellen könnten. Da ich aber mein Geburtsdatum im Profil stehen habe, finde ich das schon dreist. Ich glaube, die sind alle auf meine Rente aus. Und meine Rente will ich alleine verbraten. Ich bleibe dann aber immer höflich und schreibe: „Hier gibt es bestimmt Frauen, die auf Dich und Deine Neigungen stehen oder welche in Deinem Alter. Ich gehöre nicht dazu. Gruß aus Düsseldorf von der Helga.“
Ihre Erfahrungen in einer kurzen Zusammenfassung?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Männer, die mich interessieren, mich als zu alt empfinden. Dagegen sind die Männer, die sich für mich interessieren, einfach zu jung. Es gibt nur wenige Männer, mit denen man richtig gut schreiben und telefonieren kann. Denn bevor ich mich mit jemanden treffe, möchte ich schon wissen wie er tickt und wer da kommt. Viele Männer stehen auf Sex und Erotik im Alter. Das ist nicht mein Ding, da stehe ich nicht drauf. In den eineinhalb Jahren, die ich auf Feierabend bin, durfte ich nun endgültig feststellen, dass ich mir nur einen guten Freund fürs Reisen, das Theater und Opernbesuche wünsche. Eine feste Partnerschaft kommt für mich nicht mehr in Frage.
Welche Empfehlungen können Sie an zukünftige User weitergeben?
Offen und ehrlich sein, wenn es nicht passt, dies mitteilen und immer auf Nachrichten antworten. Sturköpfe und Unverbesserliche kann man sperren.
Ihr Résumé zu Feierabend?
Da ständig andere Nutzer in Feierabend sind, finde ich es nach wie vor sehr interessant, die einzelnen Profile zu lesen. Bei Interesse schicke ich eine Kurznachricht und schau dann, was sich ergibt. Interessant ist bei Feierabend, dass es viele Interessensgruppen gibt, in denen man sich anmelden und austauschen kann. An der Pinnwand finden sich immer wieder interessante Angebote. Andere Mitglieder suchen Reisebegleitungen oder wollen gemeinsam Kunstmärkte besuchen. Wöchentlich gibt es eine Info-Mail mit interessanten Artikeln. Da erzählen andere ältere Menschen wie sie mit bestimmten Krankheiten umgehen oder es werden neue Hilfsmittel fürs Alter vorgestellt, das ist interessant, den Newsletter lese ich meistens.